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Zuletzt haben wir – relativ kurz – über die Informationssuche gesprochen und kommen nun zur Informationsbeurteilung, die sich mit der Interpretation der aufgenommenen Sinnesreize beschäftigt.

Die Informationsbeurteilung geschieht im Kurzzeitgedächtnis, dem Arbeitsspeicher des Gehirns. Zunächst werden die aufgenommenen Sinnesreize interpretiert, indem die neuen Informationen mit bereits vorhandenem Wissen in Verbindung gebracht werden. Neuartige Informationen werden erst einmal identifiziert, dann kategorisiert und verstanden sowie Erwartungen und Schlussfolgerungen abgeleitet.

Als nächstes wird eine Entscheidung getroffen ob und vor allem in welchem Ausmaß diese neugewonnenen Informationen zur Bildung, Beibehaltung oder Veränderung der eingegangenen Einstellung herangezogen werden. Grundsätzlich ist ein Individuum natürlich bemüht im Rahmen der Informationsbeurteilung eine möglichst zutreffende Entscheidung zu treffen. Nur die begrenzten kognitiven und zeitlichen Ressourcen schränken diese Möglichkeit des Individuums natürlich stark ein.

Einflussfaktoren der Informationsbeurteilung

Die Einflussfaktoren der Informationsbeurteilung sind sehr vielschichtung und können dem Marketing somit auch viele Möglichkeiten bieten diese Einflussfaktoren für Ihr Marketing zu nutzen.

Merkmale des Senders/Quelle

Bezüglich der Merkmale des Senders spielen im Rahmen der Informationsbeurteilung vor allem Dinge wie Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Expertise, Status und Reputation eine wichtige Rolle. Deshalb sind beispielsweise Prominente gerne genutzte Werbeträger oder Unternehmen versuchen in Ihrer Werbung Protagonisten mit einer klaren Rolle darzustellen. So wird zum Beispiel für den neuen Werbespot eines Geschäftswagens ein erfolgreicher Geschäftsmann mit Anzug als Werbeträger genutzt. Hier wissen die Zuschauer genau welche Rolle der Schauspieler einnimmt und können sich ggf. mit ihm identifizieren oder diesen Geschäftsmann als Vorbild sehen.

Die sogenannte Match-Up-Hypothese besagt, dass der Sender und die Botschaft harmonieren müssen. Anderenfalls würde die Werbebotschaft den Zuschauer verwirren und er würde wohl die Positionierung des Produktes und des Unternehmens hinterfragen.

Merkmale der Botschaft bzw. des Stimulus

Bei einer umfassenden kognitiven Prüfung einer Kaufentscheidung spielt die Qualität der Argumente und die Glaubwürdigkeit eine große Rolle. Es gibt zwei Möglichkeiten die Qualität und die Glaubwürdigkeit der Argumente zu steigern:

  • zweiseitige Darstellung
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Mit der zweiseitigen Darstellung versuchen Unternehmen die positiven, wie auch die negativen Eigenschaften eines Produktes zu kommunizieren und zeigen so eine gewisse Objektivität. Natürlich sollten Unternehmen darauf achten, dass die negativen Informationen nicht überwiegen, dass wäre ebenso kontraproduktiv, wie ein Produkt überschwänglich zu loben.

  • vergleichende Darstellung

Bei einer vergleichenden Darstellung vergleicht (wer hätte das gedacht 🙂 ) ein Unternehmen in seinen Werbebotschaften sein eigenes Produkt mit dem Produkt der Wettbewerber.

Eine wichtiger Aspekt im Rahmen der Informationbeurteilung ist das Framing. Das Framing bezeichnet die Erkenntnis, dass eine Variation in der Beschreibung eines Produktes von einem Individuum bereits unterschiedlich beurteilt wird. Eine also objektiv gesehen unveränderte Information führt dazu, dass der Konsument ein Produkt anders beurteilt.

Es gibt verschiedene Varianten des Framing:

  • Attribute Framing:

Als Beispiel reduziert Eisdiele A einen Eisbecher. Normalerweise kostet dieser Eisbecher 5€ und Eisdiele A wirbt nun damit, dass Ihre Kunden einen Euro bei diesem Eisbecher sparen können. Eisdiele B gibt Ihren Kunden auf einen sehr ähnlichen Eisbecher der üblicherweise ebenfalls 5€ kostet einen Euro Rabatt, aber Eisdiele B wirbt mit 20% Rabatt auf diesen Eisbecher.

Was meinen Sie welche Eisdiele mehr Erfolg haben wird?

Voraussichtlich Eisdiele B. Obwohl auch Eisdiele B absolut nur einen Euro Rabatt gewährt vermarktet diese Eisdiele Ihre Rabattaktion besser. Beide Eisdielen gewähren exakt den gleichen Rabatt, aber kommunizieren Ihren Rabatt unterschiedlich.

Merke:

Nach diesen Erkenntnissen über die Informationsbeurteilung sollten wir uns folgendes merken: Bei geringen Preisen sollten wir Preisnachlässe besser relativ (in %) kommunizieren, während es sich bei hohen Preisen eher lohnt Preisnachlässe absolut (z.B. 100€ ) zu kommunizieren.

  • Goal Framing

Im Rahmen des Goal Framing werden die Konsequenzen eines bestimmten Verhaltens (z.B.  Kauf eines Produktes) dargestellt und dadurch die Informationsbeurteilung beeinflusst. Im Goal Framing versucht man entweder die Aufmerksamkeit des Individuums auf die Erreichung der positiven Konsequenzen zu lenken oder auf das Abwenden der negativen Konsequenzen.

Vor allem das Aufzeigen der negativen Konsequenzen führt dazu, dass sich Individuen intensiv mit der Bewertung der Entscheidung beschäftigen und letztlich so auch die Aufmerksamkeit für die Informationsbeurteilung dieses Problems erhöht wird.

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Noch etwas ist sehr interessant und zwar können gering involvierte (niedriges Involvement) Individuen besser mit einem positiven Framing beeinflusst werden und hoch involvierte Individuen eher durch negatives Framing beeinflusst werden.

Individuen mit einer positiven Stimmung können wir besser durch negatives Framing erreichen und Individuen mit einer negativen Stimmung besser mit einem positiven Framing.

  • Risky Choice Framing

Im Rahmen eines Experimentes wurden Probanden vor einer Entscheidungssituation gestellt. Diese sollten sich Vorstellen, dass sich die USA auf den Ausbruch einer bisher unbekannten asiatischen Krankheit vorbereitet und man erwartet, dass diese Krankheit 600 Menschen töten wird. Für die Probanden gab es zwei Entscheidungsmöglichkeiten.

Entscheidungsmöglichkeit A1 : 200 Menschen werden mit Sicherheit gerettet, aber 400 Menschen sterben mit Sicherheit.

Entscheidungsmöglichkeit A2 : Mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 werden alle Menschen gerettet und mit 2/3 sterben alle Menschen.

Bei beiden Entscheidungsmöglichkeiten liegt der Erwartungswert der geretteten Menschen bei 200. Also im Zweifel ist es egal für welche Möglichkeit Sie sich entscheiden.

Nun haben die Forscher aber etwas sehr interessantes gemacht und zwar wurden die Probanden in zwei Gruppen eingeteilt und den beiden Gruppen wurden diese beiden Entscheidungsmöglichkeiten unterschiedlich präsentiert. Die eine Gruppe wurde durch ein positives Framing beeinflusst (es wurde die Rettung der Menschen in Aussicht gestellt), während die andere Gruppe durch ein negatives Framing beeinflusst wurde (der Tod der Menschen wurde in Aussicht gestellt).

  • Alternative / Framing
  • A1 -> sichere Alternative
  • A2 -> unsichere Alternativ
  • positiv
  • 200 Menschen werden gerettet
  • mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 werden alle 600 Menschen gerettet, mit 2/3 wird niemand gerettet
  • negativ
  • 400 Menschen sterben
  • mit Wahrscheinlichkeit von 1/3 stirbt niemand und mit 2/3 sterben alle 600 Menschen

Die Probanden mit positiven Framing präferierten die sichere Alternative (A1), wohingegen die Probanden mit negativen Framing mehrheitlich zu der unsicheren Alternative (A2) tendierten.

Die Ergebnisse dieses Experiments zeigen also, dass Individuen im Rahmen der Informationsbeurteilung eher dazu bereit sind Risiken einzugehen, wenn die Chance besteht Verluste zu verhindern, als wenn die Chance auf einen Gewinn besteht.

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Erkenntnisse für das Marketing

Aus diesen neuen Erkenntnissen der Informationsbeurteilung von Individuen können wir einige wichtige Dinge für unser Marketing ableiten.

So ist es beispielsweise schwierig zuvor kostenlos angebotene Leistungen irgendwann kostenpflichtig anzubieten, da der Kunde dies als Verlust wahrnimmt. Deshalb gilt es auch vorsichtig bei Preissenkungen zu sein, denn einmal gesenkte Preise sind häufig schwierig wieder anzuheben.

Gewinne für den Kunden sollten Unternehmen am besten einzeln kommunizieren, während Verluste besser als Bündel kommuniziert werden sollte. Deshalb kann es besser sein keine Einzelpreise in Rechnung zu stellen und stattdessen alle Komponenten als Gesamtpreis anzubieten.

Merkmale des Empfängers

Zu den Merkmalen des Empfängers, die die Informationsbeurteilung beeinflussen zählen in erster Linie Aspekte wie eigene persönliche Bedürfnisse, Motive, Lebensstile und Erfahrungen. Je nachdem wie viel Wissen Individuen zu bestimmten Themen mitbringen, kann auch die Beurteilung sehr unterschiedlich ausfallen.

 

Nun haben wir auch die Informationsbeurteilung abgeschlossen und im nächsten Teil geht es weiter mit der Informationsspeicherung.

 

Bildquelle: © Trueffelpix – Fotolia.com

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