Im letzten Beitrag habe ich mich mit der Stichprobenauswahl beschäftigt, schließlich können in der Regel im Rahmen einer Marktforschungsstudie nicht alle Objekte der Grundgesamtheit untersucht werden. Ich bin dort auf den Begriff der effektiven Stichprobe eingegangen und nun wollen wir uns genauer das Instrument anschauen, mit dem wir unsere relevanten Daten erheben.

Mit Hilfe eines Erhebungsinstruments versuchen wir die gesuchten Informationen zu erfassen. Auf den ersten Blick sieht das relativ leicht aus. Wenn man sich aber diese Phase genauer ansieht, fällt einem schnell auf, dass hier eine Reihe von wichtigen Entscheidungen getroffen werden muss. Fehler in dieser Phase des Marktforschungsprozesses können eine ganze Erhebung zunichte machen.

Gestaltung des Erhebungsinstruments

Im Rahmen der Datenerhebung ist der Begriff der Skalierung von hoher Bedeutung. Skalierung meint die Entwicklung eines Maßstabes bzw. Skala, um die Merkmalsausprägungen der untersuchten Objekte zu messen.

Eine Skalierung oder genauer gesagt das Skalenniveau ist somit unser „Maßband“ mit dem wir die Merkmalsausprägungen messen.

Skalennivaus

Grundsätzlich stehen der Marktforschung 4 verschiedenen Skalenniveaus zu Verfügung:

Nominalskala

Die Nominalskala teilt die Merkmalsausprägungen in Kategorien ein; so kann in einer Nominalskala beispielsweise abgefragt werden, ob jemand männlich oder weiblich ist. Die Ausprägungen in einer solchen Skala haben keine unterschiedlichen Wertigkeiten, alle Ausprägungen haben also den gleichen Wert.

Es geht bei dieser Form der Skalierung meist darum Häufigkeiten zu messen, so zum Beispiel wie viele Männer und wie viele Frauen an der Umfrage teilnehmen.

Desweiteren gibt es bei dieser Skala nur sehr beschränkte Möglichkeiten der statistischen Auswertung.

Ordinalskala

Diese Skalierungsform geht hinsichtlich der Informationsqualität einen Schritt weiter, da hier die einzelnen Merkmalsausprägungen in eine Rangfolge bezüglich ihrer Wertigkeit gebracht werden. Dadurch ist bei der Ordinalskala ein Vergleich zwischen Objekten hinsichtlich einer höheren oder niedrigeren Merkmalsausprägung möglich.

Allerdings sind die Abstände zwischen den Rängen nicht definiert. Ein einfaches Beispiel für die Ordinalskala ist die Podiumsplatzierung bei Sportverantstaltungen. Es ist sofort ersichtlich wer erster, zweiter und dritter geworden ist, aber die Abstände zwischen den Plätzen sind nicht definiert. Es könnte sein, dass der Erste deutlich vor dem Zweiten ins Ziel gekommen ist, doch es wird nur festgestellt wer welchen Platz gemacht hat und nicht welche Zeit die Teilnehmer voneinander trennt.

Intervallskala

Die Intervallskala setzt zunächst einen willkürlichen Nullpunkt (z.B. Zeitrechnung) und die Messung der Merkmalsausprägungen erfolgt dann in konstanten Maßeinheiten, sodass Distanzangaben möglich sind.

So lässt sich zum Beispiel genau messen, mit welchem zeitlichen Unterschied die Sportler ins Ziel gekommen sind.

Verhältnisskala

Der Unterschied der Verhältnisskala zur Intervallskala ist der, dass bei der Verhältnisskala ein absoluter Nullpunkt gegeben ist (z.B. Alter, Körpergröße).

Von diesen vier Skalennievaus stellt die Verhältnisskala die höchste Informationsqualität dar und sie gehört genau, wie die Intervallskala zu den metrischen Skalierungen.

Vorgehensweise bei der Erstellung eines standardisierten Fragebogens

Besonders bei standardisierten Befragungen ist es wichtig die Wirksamkeit des Fragebogens zu testen und sich bei dessen Erstellungen Gedanken zum optimalen Aufbau zu machen. So hängt die Wirksamkeit des Fragebogens stark von der Interpretation der Befragten ab. So kann dieselbe Fragen von unterschiedlichen Befragten durchaus unterschiedlich interpretiert werden.

Die optimale Vorgehensweise zur Erstellung eines Fragebogens ist der Folgenden:

  1. Entscheidung über Frageinhalte
  2. Entscheidung über Frageformate
  3. Entscheidung über Frageformulierungen
  4. Entscheidung über Fragereihenfolge
  5. Entscheidung über äußere Gestaltung des Fragebogens
  6. Pre-Test, Revision und endgültige Fertigstellung des Fragebogens
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Im ersten Schritt – der Entscheidung über Frageinhalte – geht es vor allem darum die Inhalte von der Fähigkeit und Antwortbereitschaft der Befragten abhängig zu machen. Man versucht durch die Wahl geeigneter Frageinhalte potentielle Fehlerquellen auszuschließen.

Neben den für die Datenerhebung relevanten Sachfragen, ist es häufig auch sinnvoll Kontrollfragen einzubauen. Durch diese Kontrollfragen soll die Plausibilität der Antworten des Befragten überprüft werden. Allerdings sollten nicht allzu viele Kontrollfragen verwendet werden, da dies unter Umständen zur Nichtbeantwortung des Fragebogens führen kann, wenn der Eindruck der Kontrolle entsteht.

Um passende Frageinhalte auszuwählen ist es wichtig, sich auf die Ziele der Marktforschungsstudie zu konzentrieren. Der Fragebogen sollte nicht zu lang sein und deshalb sollten nur die wichtigen Aspekte abgefragt werden.

Zur die Länge eines Fragebogens hängt im wesentlichen von zwei Faktoren ab:

  • Themeninvolvement
  • Medium

Wenn sich die Befragten sehr für das Thema der Marktforschungsstudie interessieren, dann kann die Befragung auch durchaus etwas länger dauern. Bezüglich des Mediums lässt sich festhalten, dass schriftliche Befragungen tendenziell länger dauern können, als beispielsweise am Telefon. Online Befragungen sollten sogar noch kürzer sein.

Es ist schwer eine optimale Befragungslänge anzugeben; ich würde sagen, im Internet sollten nicht mehr als 15-20 Fragen gestellt werden. Länger als 10-15 Minuten lassen sich die meisten Leute nicht befragen. Allenfalls im B2B-Bereich kann es durchaus etwas länger dauern, vor allem wenn die Befragten ein hohes Interesse an der Thematik haben.

Der zweite Schritt – die Entscheidung über Frageformate – beschäftigt sich damit, ob offene oder geschlossene Fragen gestellt werden sollten. Eine offene Frage gibt keine Antwortmöglichkeiten an; zum Beispiel: „Welche positiven Erfahrungen haben Sie bereits mit unserem Produkt gemacht?“.

Eine geschlossene Frage hingegen gibt die Antwortmöglichkeiten mit an, indem man diese zum Beispiel ankreuzen kann. Beispiel: „Wie zufrieden sind Sie mit unserem Produkt? Sehr zufrieden []; Zufrieden []; Neutral []; Unzufrieden []; Sehr Unzufrieden []“.

Vor- und Nachteile von geschlossenen Fragen:

VorteileNachteile
einfache Beantwortungoriginelles Antwortverhalten wird erschwert
gute Vergleichbarkeitdie Befragten erhalten aus den Antwortmöglichkeiten Hinweise für deren Beantwortung
einfach Kodierung und Analyseoberflächliches Beantworten der Fragen wird erleichtert
gedankliche Inspiration der Befragten

In der Praxis ist es meist am sinnvollsten, diese beiden Frageformate zu kombinieren, wobei ich allerdings präferieren würde mehr geschlossene Fragen zu stellen, da diese für die Befragten bequemer zu beantworten sind. Sinnvoll ist es auch bestimmte offene Fragen erst dann zustellen, wenn ein bestimmtes Antwortniveau erreicht wurde; z.B. wenn ein Kunde sehr unzufrieden mit einem Produkt ist. Dann könnte mit einer offenen Frage näher nachgefragt werden, weshalb er unzufrieden ist.

Arten von geschlossene Fragen

Nun möchte ich noch etwas näher auf die verschiedenen Typen von geschlossenen Fragen eingehen. Weil die geschlossenen Fragen in der Regel bereits einen Maßstab zur Messung bestimmter Sachverhalte zugrunde legen, spricht man hier auch von Skalierungsverfahren.

Die Skalierungsverfahren unterscheiden wir in vergleichende (komparative) und nicht-vergleichende (nicht-komparative) Skalierungsverfahren.

Komparative Skalierungsverfahren heißen deshalb so, weil sich die Merkmalsausprägungen für ein Objekt aus einem Vergleich mit einem oder mehreren anderen Objekten ergeben. Diese komparativen Skalierungsverfahren lassen sich wiederum in drei unterschiedliche Verfahren einteilen:

  • Paarweise Vergleiche
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Hierbei vergleichen die Befragten zwei Objekte und entscheiden sich zum Beispiel für das Objekt, welches ihnen besser gefällt.

  • Rangordnungsverfahren

Bei dem Rangordnungsverfahren müssen die Befragten eine Reihe von Objekten in eine bestimmte Reihenfolge bringen. Z.B. „Welche der folgenden Faktoren ist für Sie besonder wichtig? Sortieren Sie die Faktoren nach ihrer Wichtigkeit: Faktor 1, Faktor 2, Faktor 3, Faktor 4“.

Dadurch werden den jeweiligen Objekten Rangplätze zugewiesen, doch durch diese Ordinalskalierung erfolgt keine Aussage zu der Distanz der jeweiligen Objekte zueinander.

  • Konstantsummenverfahren

Hierbei werden die Befragten gebeten eine bestimmte Punktzahl (z.B. 100) auf verschiedene Eigenschaften eines Objektes aufzuteilen. Die Summe der einzelnen Eigenschaftsbewertungen ergibt dann also immer 100.

Beispiel:

Durch diese Punktverteilung wird in einer Befragung deutlich, dass der Preis nicht nur das wichtigste Kriterium für den Kauf eines bestimmten Produktes ist, sondern auch noch 50 von 100 Punkten erhält, während die Qualität nur 30 Punkte erhält. So wird der Abstand zwischen den einzelnen Eigenschaften deutlicher.

Wann nutze ich komparative Skalierungsverfahren?

Wenn es um Präferenzen oder Wichtigkeitsbewertungen geht, bieten sich die komparativen Skalierungsverfahren an. Das Konstantsummenverfahren hat zwar den Vorteil, dass es viele Informationen liefert, aber eben auch den Nachteil, dass dieses Verfahren komplexer ist und häufiger Fehler gemacht werden.

Interessant ist hierbei auch, dass die Befragten dazu tendieren, die oberen Antwortmöglichkeiten frei zu bewerten, während auf den unteren Antwortmöglichkeiten nur noch die restlichen Punkte verteilt werden.

Nicht-komparative Skalierungsverfahren bewerten hingegen ein Objekt isoliert und nicht im Vergleich zu anderen Objekten. Hierbei werden sogenannte Ratingskalen aufgebaut, die jeweils zwei Extrempunkte aufweisen. Die häufig genutzten diskreten Ratingskalen haben zwischen den beiden Extrempunkten eine bestimmte Anzahl von Antwortmöglichkeiten.

Bei der Likert-Skala wird überprüft, ob und in wieweit die Befragten einer bestimmten Aussage zustimmen. Z.B. „Wie zufrieden sind Sie mit unserem Produkt? sehr zufrieden []   []   []   []   [] sehr unzufrieden“

Wie in dem Beispiel zu sehen, werden nur die Extrempunkte (sehr zufrieden & seht unzufrieden) ausgezeichnet. Alternativ gibt es auch die Variante jede Antwortmöglichkeit anzugeben. Beispiel:

Wie zufrieden sind Sie mit unserem Produkt? sehr zufrieden []  zufrieden []   neutral[]  unzufrieden []   sehr unzufrieden[]

Es hat sich in der Praxis herausgestellt, dass 5-7 Skalenpunkte ideal für eine Befragung sind. Bei weniger Skalenpunkten droht ein Informationsverlust, bei noch mehr Skalenpunkten die Überforderung des Befragten.

Ein weiteres nicht-komparative Skalierungsverfahren ist das semantische Differenzial bei dem mehrere sogenannte bipolare Ratingskalen gebildet werden, das meint also ein adjektivisches Gegensatzpaar, z.B. kalt und heißt, schnell und langsam oder zuverlässig und unzuverlässig.

Mit dem semantischen Differenzial werden besonders Imagemessungen durchgeführt.

Die Stapelskalierung ist eine Abwandlung des semantischen Differenzials. Hierbei wird die Zustimmung des Befragten zu bestimmten Aspekte gemessen.

Eine gute Übersicht zu den verschiedenen Skalierungsverfahren finden Sie zum Beispiel hier.

Wichtig im Rahmen des richtigen Frageformates ist auch die Entscheidung, ob eine Frage verpflichtend von allen Befragten beantwortet werden muss. Alternativ wäre es auch möglich eine Frage mit der Angabe „Weiß nicht“ auslassen zu können.

Die Pflicht zur Antwort kann zum einen die Antwortqualität senken, aber die Möglichkeit der Auslassung von Fragen kann dazu führen, dass die Befragten es sich zu einfach machen und viele Fragen auslassen.

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Die Grundentscheidung ist somit: Erhöhtes Risiko unqualifizierter Antworten vs. erhöhtes Risiko fehlender Antworten.

Der nächste Schritt – die Entscheidung über die Frageformulierung – sollte besonders von den folgenden drei Prinzipien geleitet werden:

  • Einfachheit
    • Vermeidung von Fachbegriffen, komplexen Sätzen…
  • Neutralität
    • Vermeidung von Suggestivformulierungen, die zum Beispiel zu sozial erwünschten Antwortverhalten führen
  • Eindeutigkeit
    • Vermeidung von Doppelfragen

Auch der vierte Schritt – die Reihenfolge der Fragen – stellt einen wichtigen Baustein eines guten Fragebogens dar. Im Rahmen dieses Schrittes sollte 3 Hauptziele verfolgt werden:

  • Nachvollziehbarkeit des Aufbaus
  • Verhindern von Austrahlungseffekten durch Extremerfahrungen der Befragten
  • Vermeidung von Reihenfolgeeffekten

Um die Abbruchquote so gut es geht zu verringern sollte der Aufbau spannend, wie auch nachvollziehbar sein. Das Interesse kann man beispielsweise durch spannende Einleitungsfragen erhöhen. Enden sollte der Fragebogen hingegen mit sensiblen Fragen und allgemeinen Fragen zur Person oder – im Falle eine B2B-Befragung – des Unternehmens.

Zudem müssen vor kurzer Zeit gemachte extrem positive, wie auch negative Erfahrungen bekannt sein, um dadurch mögliche Ausstrahlungseffekte zu verhindern. Am besten ist es wenn man den Befragten gleich zu Beginn eines Fragebogens nach diesen Extremerfahrungen befragt.

Auch der Fragekontext spielt für den Befragten bei der Interpretation der Fragestellung eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund sollte die Reihenfolge der Fragen nach Möglichkeit keinen Einfluss auf die Antworten haben. So hat sich in Untersuchungen gezeigt, dass es bei Low-Involvement Produkten besser ist, die allgemeinen Fragen zuerst zu stellen und bei High-Involvement Produkten diese Fragen zuletzt zu stellen.

Auch der letzte Schritt – die Entscheidung über die äußere Gestaltung des Fragebogens – also das Layout spielt eine größere Rolle, als man vielleicht zunächst annehmen würde.

Wichtig ist, dass die Gestaltung des Fragebogens übersichtlich und ansprechend ist, um so das Interesse der Befragten zu steigern. Darüber hinaus sollte der Fragebogen den Eindruck erwecken, dass dieser leicht und schnell zu beantworten ist.

Es gibt in der Praxis einige wichtige Leitlinien zur Gestaltung:

  • Verwendung von großen und klaren Schrifttypen (mindestens 10)
  • übersichtliche Anordnung und Nummerierung der Fragen
  • Vermeiden von Fragen, die über die Seitenbegrenzung hinausgehen
  • Nutzung von optischen Hilfsmitteln, wie Pfeile, Unterstreichungen und Rahmen
  • Anweisungen zur Beantwortung deutlich hervorheben

Nun ist der Fragebogen soweit fertig, doch stellt sich noch die Frage, ob dieser auch in der Praxis überzeugen kann. Aus diesem Grund wird besonders bei aufwändigen und kostenintensiven Befragungen ein sogenannter Pre-Test durchgeführt. Hierbei wird der Fragebogen hinsichtlich folgender Kriterien überprüft:

  • Ist der Fragebogen klar und verständlich aufgebaut?
  • Verfügt der Befragte über ausreichend Informationen zur Beantwortung der Fragen?
  • Umfassen die geschlossenen Fragen alle relevanten Aspekte?
  • Wie viel Zeit nimmt der Fragebogen tatsächlich in Anspruch?

Ein solcher Pre-Test nimmt zwar sehr viel Zeit und Geld in Anspruch, allerdings zeigen sich hierbei häufig auch Mängel des Fragebogens, die ansonsten zu spät aufgefallen wären. Da für einen Pre-Test Mitglieder aus der zu befragenden Zielgruppe ausgewählt werden, bildet dieser Pre-Test praktisch einen kleinen Praxistest.

Im nächsten Beitrag geht es dann um die Editierung und Kodierung von Daten und damit um die letzte Phase des idealtypischen Marktforschungsprozesses.

 

Bildquelle: © dwphotos – istockphoto.com

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