Im letzten Artikel haben wir die aller ersten Anfänge der BWL betrachtet.
1870 löste die Neoklassik, die von Adam Smith begründete klassische Nationalökonomie ab. Die Neoklassik war sehr mathematisch geprägt und man versuchte mit mathematischen Formel Dinge zu beschreiben und zu erklären. Die Neoklassik beeinflusst noch heute das ökonomische Denken
Annahmen der Neoklassik
Die Neoklassik geht von verschiedenen Annahmen aus und ohne diese Annahmen würden die Modelle der Neoklassik nicht funktionieren.
- Homogene Güter:
Mit homogenen Gütern meint, man dass alle Güter austauschbar und gleich sind. Beispielsweise gibt es Bier von vielen Herstellern, doch sind alle Biere absolut identisch. Es gibt somit auch Marken oder Werbung, welche den Käufer beeinflussen kann.
- Vollständige Konkurrenz:
Es gibt zahlreiche Mitbewerber und keine Monopole oder Oligopole.
- Vollständige Information:
Alle Marktteilnehmer erhalten sofort und zu jeder Zeit kostenlos alle Informationen, die sie für Ihre Entscheidungen benötigen.
- Vollständige Marktransparenz:
Jeder Markteilnehmer (also auch Käufer!) kennt alle Preise für die jeweiligen Produkte und weiß wo er am günstigsten Einkaufen kann.
- Vollständige Verträge:
Es gibt keine nachträglichen Verhandlungen über Verträge oder Veränderungen der Verträge.
- Fehlen von Transaktionskosten:
Sie erhalten das jeweilige Produkt ohne jegliche Transaktionskosten. Heutzutage würden dazu etwa die Versandkosten oder evtl. Überweisungskosten zählen.
Die Neoklassik geht also von einem vollkommenen Markt aus.
„Homo oeconomicus“
Außerdem geht die Neoklassik von dem Menschenbild des „Homo Oeconomicus“ aus, also dem Menschen der Ökonomie. Dieser verfolgt eine enge ökonomische Zielsetzung, denn er möchte seinen persönlichen Nutzen maximieren. Zudem ist er allwissend, da er den Möglichkeits- und Folgeraum seiner Handlungen genau kennt und sich kostenfrei und ohne Zeitverzögerung informieren kann. Auch seine Handlungen erfolgen ohne Zeitverzögerung. Um also seine Ziele zu verfolgen handelt er ausschließlich ökonomisch und würde niemals sozial handeln.
Sie sehen schon eine sehr unrealistische Annahme. Denn die zahlreichen Experimente haben gezeigt, dass Menschen nicht so handeln.
Ein kleines Beispiel:
Ich gebe Ihnen 10€ und sage Ihnen, sie sollen diese 10€ mit einem fremden Menschen auf der Straße teilen und diesen Menschen werden Sie nie wieder sehen, noch beeinflusst er in irgendeiner Weise Ihr zukünftiges Leben.
Wie viel Geld würden Sie diesem Fremden geben?
Der Homo Oeconomicus würde diesem Fremden natürlich keinen Cent geben, schließlich hat er nichts davon, wenn er diesem Fremden Geld geben würde.
Selbst der Mitarbeiter wird in der Neoklassik nur als Produktionsfaktor angesehen, ist also gleichgestellt mit Maschinen oder Rohstoffen.
Das Scherentheorem
Alfred Marshall einer der wohl wichtigste Vertreter der Neoklassik entwickelte auf Grundlage dieser Annahmen das sogenannte Scherentheorem.
Im Schnittpunkt der beiden Kurven, gibt es die beste Allokation von Produktionsfaktoren und der meiste Umsatz kommt zustande. Mit steigendem Preis nimmt die Nachfrage nach dem Produkt stark ab (hier erkennbar, dass die Umgesetzte Menge x geringer wird bei steigendem Preis).
Das Angebot wiederum vergrößert sich bei steigenden Preisen, doch findet es kaum Abnehmer, da der Preis zu hoch ist.
Funktionieren würde dieses Modell zudem nur in einem Polypol in dem viele Nachfrager und viele Anbieter vorhanden sind.
Der wohl einzige Markt weltweit auf dem dieses Modell anwendbar ist, ist die Börse nur hier treffen die meisten(!) Annahmen der Neoklassik zu. Allerdings nicht alle, denn solch einen Markt nach dem neoklassischen Modell zu erschaffen ist praktisch unmöglich. Es scheitert bereits am Menschen, denn wer handelt schon rein ökonomisch, nach dem Modell des Homo Oeconomicus?
Man sollte außerdem nicht vergessen, dass andere äußere Faktoren in der Neoklassik nicht beachtet werden, wie z.B. politische Umschwünge, das Wetter etc.
In dem nächsten Teil schließen wir damit die Historie der BWl ab und unter anderem die BWL nach dem 2. Weltkrieg an.